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Martin Löhnig/Martin Leiß: Fälle zum Familien- und Erbrecht, 3. Auflage 2015, 208 S., 19, 80 € (C.H. Beck)

Das Familien- und Erbrecht gehört zum Pflichtstoff im Prüfungsgebiet des Ersten Staatsexamens. Löhnig und Leiß legen eine Fallsammlung auf Examensniveau zu beiden Nebengebieten vor und zeigen die klausurtypischen Fallkonstellationen auf. Klausuren im Staatsexamen, welche sich allein mit einem dieser Nebengebiete beschäftigen, sind selten, aber vorstellbar. Beispielsweise war die 3. Klausur im März 2014 in der ersten Juristischen Staatsprüfung in Baden-Württemberg eine reine Erbrechtsklausur, die mit entsprechenden Kenntnissen gut lösbar war. Zudem kann mithilfe dieser beiden Nebengebiete eine ansonsten 3-stündige Klausur leicht in eine 5-stündige Examensklausur verwandelt werden. 

Martin Löhnig ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Deutsche und Europäische Rechtsgeschichte sowie Kirchenrecht an der Universität Regensburg. Martin Leiß ist Notar in Rosenheim. 

Kritik 

Die Fallsammlung beinhaltet 17 Klausuren auf Examensniveau. Dabei stammen 9 Fälle aus dem Familienrecht, während 8 Fälle im Schwerpunkt das Erbrecht behandeln. Die einzelnen Fälle weisen aber zahlreiche Querverbindungen zu den anderen Büchern des BGB auf. 

Der hohe Anspruch der Fälle und ihre im Großen und Ganzen verständlichen Lösungen tragen viel zur Vertiefung und Festigung des Wissens in beiden Rechtsgebieten bei. Das Buch ist nicht für den Anfänger geeignet, dafür wird zu viel Wissen und eine gut beherrschte Gutachtentechnik vorausgesetzt. Der Examenskandidat ist aber anhand des Inhaltsverzeichnisses, welches die Schwerpunkte des jeweiligen Falles stichpunktartig auflistet, gut in der Lage, die seiner Vorbereitung entsprechenden Fälle zu bearbeiten. 

Was bei der Durcharbeitung dieser Fallsammlung leider auffällt, sind die zahlreichen Flüchtigkeitsfehler, die sich in die Endfassung eingeschlichen haben. So finden sich in mehreren Lösungsvorschlägen falsche Daten, die nicht mit denen im Sachverhalt übereinstimmen. Beispielsweise wird in der Lösung von Fall 5 ein Testament aus dem Jahr 1990 geprüft, wohingegen im Sachverhalt das fragliche Testament aus dem Jahr 2001 stammt. Zudem befinden sich in Fall 6 einige Fehler, welche wohl ebenfalls als Flüchtigkeitsfehler einzustufen sind. So spricht der Autor auf S. 67 in einem Hinweis von einem Anspruch aus § 822 BGB, welcher aber falsch ist, da die Person “Bortho” im Fall als Nichtberechtiger über fremdes Geld verfügt. Einschlägig wäre richtigerweise § 816 I 2 BGB, da der Empfänger das Geld unentgeltlich vom Nichtberechtigen erhält. 

Ein weiterer Schwachpunkt ist, dass die Autoren an einigen Stellen von Vorrang der Leistungskondiktion sprechen. Das stimmt aber in der Regel nicht. Richtig wäre es, vom Vorrang der Leistung zu sprechen. Die von den Autoren gewählte Formulierung ist deshalb misslich, weil man sie sich unbewusst aneignen kann und dann möglicherweise im Examen benutzt. Dies führt dann unter Umständen zu unnötigen Punktabzügen und einem verärgerten Korrektor. 

Abschließendes Urteil 

Trotz der genannten Schwächen ist das Buch gut zur Examensvorbereitung geeignet. Zwar gehört nicht jede Fallkonstruktion zum notwendigen Examensstoff, aber zahlreiche Fälle treffen die examensrelevantesten Punkte beider Rechtsgebiete. Die beschrieben Schwächen lassen sich leicht in einer Nachauflage beheben und wirken im Ergebnis nicht allzu schwer. Der Preis ist angemessen. 

Ob man die Fälle zur Vertragsgestaltung nun gut heißt oder nicht, für die eigentliche Examensvorbereitung sind sie eher sinnlos. Im Examen ist schließlich ein konkreter Fall in Form eines Gutachtens zu lösen. Ein Vorschlag wäre es, dass die Autoren neben der Lösung in Form der Vertragsstil alternativ auch eine Lösung in Gutachtenstil anbieten. Das würde zwar den Umfang des Buches erhöhen, seinen Wert für die Examensvorbereitung aber erheblich steigern. Die Fälle zum Familien-und Erbrecht von Löhnig und Leiß sind somit trotz Schwächen empfehlenswert.

David van Koppen

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