Das von Dieter Medicus begründete und nun von Jens Petersen fortgeführte Werk "Bürgerliches Recht" ist das wohl bekannteste Standardwerk zur zivilrechtlichen Examensvorbereitung. Das Werk will das examensrelevante Zivilrecht wiederholen und vertiefen. Und zwar ohne Rücksicht auf die Einteilung des BGB in seine fünf Bücher. Vielmehr orientiert sich der Aufbau an den zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen. Innerhalb der einzelnen Anspruchsgrundlagen sind dann Querverbindungen und Vergleiche zu anderen Rechtsgebieten eingearbeitet.
Dieter Medicus war Professor für Römisches, Antikes und Bürgerliches Recht in München. Jens Petersen lehrt Bürgerliches Recht, Deutsches und Internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Potsdam.
Kritik
Die Darstellung beginnt mit Ansprüchen aus Vertrag und arbeitet sich über die Geschäftsführung ohne Auftrag, dinglichen und deliktischen Ansprüchen bis zum Bereicherungsrecht vor. Das Werk schließt mit Abschnitten zu Einwendungen und verschiedenen Sonderfragen ab. Meines Erachtens sind aber die einleitenden Hinweise bezüglich den Aufbaufragen nicht nur die ersten, sondern zugleich die wichtigsten Seiten im ganzen Werk.
Warum? Das liegt an meiner Herangehensweise zur Lösung zivilrechtlicher Fälle. Diese Herangehensweise habe ich mir komplett anhand dieser einleitenden Seiten erarbeitet und so meine Fallbearbeitung strukturiert und systematisiert. Hält man sich an die von Medicus propagierte Reihenfolge der Prüfung von Anspruchsgrundlagen übersieht man zum einem weniger Anspruchsgrundlagen. Zum anderem denkt man strukturierter und behält einen Blick für das große Ganze im konkreten Fall. Denn ein Vertrag wird Auswirkungen auf eine Geschäftsführung ohne Auftrag haben. Diese wiederum auf das Bereicherungsrecht. Alles ist mit allem verknüpft. Dieses Grundsystem dem Leser auf den ersten zehn Seiten deutlich zu machen ist eine große Leistung der Autoren. Dem Leser, der in seiner zivilrechtlichen Examensvorbereitung manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht, wird so eine Methodik mitgegeben, welche den Weg zum Prädikat erleichtern wird.
Adressat ist der fortgeschrittene Student. Der Anfänger wird dieses Buch nicht gewinnbringend für sich einsetzen können. Selbst dem Examenskandidaten würde ich dieses Werk nicht zu Beginn seiner Vorbereitung empfehlen. Jedenfalls nicht zur vollständigen Durcharbeit. Zu groß sind die Anforderungen, welche das Werk an das zivilrechtliche Vorwissen stellt. Zu klein ist das bereits vorhandene Wissen des durchschnittlichen Examenskandidaten. In dieser Phase eignet sich das Buch eher als Nachschlagewerk. Ein anderer Rezensent hat es treffend als "Lehrkurzkommentar" beschrieben. Die einleitenden Seiten zu den Aufbaufragen sollte aber bereits der fortgeschrittene Student bearbeiten.
Inhaltlich ist nichts auszusetzen. Das liegt auch daran, dass das Werk nun bereits in seiner 26. Auflage erschienen ist. Typische Kinderkrankheiten sind lange ausgemerzt. Petersen hat ebenfalls das Gesetz zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung vom 1.1.2018 eingearbeitet. Zudem wurden zahlreiche veraltete Schriftums- und Rechtsprechungshinweise gestrichen und damit der Fußnotenapparat verschlankt.
Abschließendes Urteil
Das nun von Jens Petersen fortgeführte Werk ist unter Beachtung obiger Hinweise sehr empfehlenswert. Es schärft den juristischen Verstand. Es erweitert den juristischen Horizont. Und es gibt wichtige Denkanstöße.
Alles in allem ein Lehrbuch, welches optimal zum Abschluss der zivilrechtlichen Examensvorbereitung oder als Wiederholung vor dem Referendariat herangezogen werden kann.
David van Koppen