Dietlein/Hellermann: Öffentliches Recht in Nordrhein-Westfalen, 7. Auflage 2019, 586 Seiten, 29,80 Euro (C.H. Beck)
Das öffentliche Landesrecht ist Prüfungsstoff der ersten und zweiten Staatsprüfung. Rechtsreferendare, welche ihr Referendariat in einem anderen Bundesland absolvieren als dem, in dem sie die erste Staatsprüfung abgelegt haben, müssen sich deshalb das Öffentliche Landesrecht des anderen Bundeslandes in durchaus knapp bemessener Zeit aneignen. Zwar ähneln sich die einzelnen Vorschriften der Bundesländer vielfach, regionale Besonderheiten können aber eine Klausurlösung erheblich beeinflussen. Ebenso sind die "Hausnummern" andere. Deshalb ist es geboten, sich mit dem jeweiligen Landesrecht genau vertraut zu machen. Für das Öffentliche Recht in Nordrhein-Westfalen haben Johannes Dietlein und Johannes Hellermann nun in siebter Auflage ein entsprechendes Lehrbuch veröffentlicht.
Johannes Dietlein lehrt Öffentliches Recht und Verwaltungslehre an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Johannes Hellermann ist Professor für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht an der Universität Bielefeld.
Kritik
Das Lehrbuch ist in die vier Themenblöcke Landesverfassungsrecht, Kommunalrecht, Polizei- und Ordnungsrecht und das Öffentliche Baurecht unterteilt. Das Landesverfassungsrecht ist nicht Prüfungsstoff im Sinne des § 11 JAG NRW. Es kann also für die Prüfungsvorbereitung ausgelassen werden. Kenntnisse im Baurecht werden nur im Überblick verlangt. Abgerundet wird das Lehrbuch mit einem kurzen Kapitel zu den verwaltungsprozessualen Grundfragen unter Berücksichtigung des JustG NRW.
Jeder Themenblock ist in etwa gleich aufgebaut. Es folgt eine abstrakte Darstellung des jeweiligen Rechtsgebiets, welcher mit hervorgehobenen Beispielsfällen angereichert ist. Am Ende von ausgewählten Einzelabschnitten findet sich ein Anhang mit einer Literaturauswahl, Hinweisen auf Fallbearbeitungen und mehreren Kontrollfragen. Insbesondere die Kontrollfragen helfen dabei, das soeben Gelesene sofort einer Wissens- und Verständniskontrolle zu unterziehen. Diesen Aufbau finde ich gelungen.
Die Sprache ist häufig anschaulich und verständlich formuliert. Teilweise sind die Sätze aber verschachtelt formuliert und müssen mehrmals gelesen werden. Das stört. Insbesondere ist mir das bei den Ausführungen zur Aufstellung von Bauleitplänen und der gemeindlichen Wirtschaftstätigkeit aufgefallen. Dort musste ich manche Sätze mehrfach lesen, um ihren Sinngehalt zu erfassen. Das kann nicht Sinn und Zweck eines Lehrbuchs sein. Insbesondere zur Prüfung eines Bebauungsplans hätte ich mir ein entsprechendes Prüfungsschema gewünscht.
Schön ist wiederum die hohe Aktualität der Darstellung. Vielfach sind jüngere Entscheidungen der ober- und untergerichtlichen Rechtsprechung in die Darstellung eingearbeitet. Die dogmatischen Ausführungen in den Einführungen zu Beginn der einzelnen Themenblöcken fördern das jeweilige Grundverständnis.
Zum Lehrbuch gibt es ein eigens konzipiertes Fallbuch, mit dem der Stoff selbstständig durchgearbeitet und vertieft werden kann (und sollte!). Dieses Fallbuch wird hier rezensiert.
Störend fand ich, dass im Lehrbuch auf Fußnoten verzichtet wird und Rechtsprechungshinweise im Fließtext eingearbeitet sind. Das stört den Lesefluss und ist vermeidbar. Zudem hätten mehr Fundstellen angegeben werden können, vor allem dort, wo ein Meinungsstreit angesprochen wird. Das gilt insbesondere in den Fällen, wo die Autoren gegen die herrschende Meinung anschreiben. Die Meinung der Autoren mag noch so gut begründet sein, für die Klausur interessiert mich als Rechtsreferendar aber in aller erste Linie die einschlägige Rechtsprechung. Der guten Ordnung halber sei aber angemerkt, dass die herrschende Meinung als solche gekennzeicht wird, sodass man jedenfalls "gewarnt" ist.
Das Lehrbuch kann nicht die Einzeldarstellungen zu den verschiedenen Themenblöcken ersetzen. Das ist auch nicht sein Zweck. Diese Einzeldarstellungen gehen vielfach über das im Pflichtstoff Erwartbare heraus, sodass man mit dem Lehrbuch einen gut gefilterten Prüfungsstoff vorgesetzt bekommt. Dieses Konzept funktioniert auch in anderen Bundesländern, siehe dafür zum Beispiel das Lehrbuch von Ennuschaft, Ibler und Remmert für das baden-württembergische Landesrecht.
Abschließendes Urteil
Das Lehrbuch behandelt das Öffentliche Recht in Nordrhein-Westfalen mit starken Fokus auf die öffentlich-rechtlichen Klausuren in den beiden Staatsprüfungen. Das gelingt, wobei aber die Art und Weise der Fundstellennachweise nicht durchgängig überzeugen kann. Mitsamt dem dazugehörigen Fallbuch kann sich der Leser für die Klausurbearbeitung gut wappnen.
David van Koppen