In strafrechtlichen Klausuren kommt es darauf an unter hohem Zeitdruck möglichst viel Wissen mit einer richtigen Schwerpunktsetzung in einem Gutachten zu Papier zu bringen. Das ist sowohl für den Kopf als auch die Schreibhand anstrengend.
Strafrechtliche Klausuren sind zeitlich kaum zu bewältigen, ohne dass man ein gewisses Wissen mit hinreichender Detailtiefe besitzt. Einfach ausgedrückt: Wer die typischen Probleme vorher nicht bereits kennt, die in der konkreten Strafrechtsklausur auftauchen, wird keine Zeit haben, sich deren Lösungen mit Nachdenken in der Klausursituation zu erarbeiten.
Notwendig sind also abstraktes Wissen und grundlegendes Verständnis sowie deren fallbezogene Anwendung. Genau das will der vorliegende Studienkommentar dem fortgeschrittenen Studenten und Examenskandidaten vermitteln.
Der Studienkommentar wird nun von Christian Jäger bearbeitet nachdem Wolfgang Joecks im Sommer 2016 leider überraschend verstorben ist. Jäger ist Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschafts- und Medizinstrafrecht an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg.
Kritik
Der Studienkommentar folgt grundsätzlich dem Aufbau eines "normalen" rechtswissenschaftlichen Kommentars. Das bedeutet, dass die Vorschriften des StGB chronologisch bearbeitet und kommentiert werden. Er weist aber Besonderheiten auf, die darin wurzeln, dass er als Studienkommentar ganz auf die Bedürfnisse von Studenten zugeschnitten ist. Deshalb wird jede Vorschrift auf ihre Examensrelevanz hin bewertet, Streitstände werden klausurmäßig aufbereitet und es wurden viele Beispielsfälle eingefügt. Die Kommentierung einer Vorschrift richtet sich in ihrem Umfang nach der Examensrelevanz des jeweiligen Tatbestandes. Ergebnis ist ein übersichtlicher, auf die Prüfungsvorbereitung ausgerichteter und durch zahlreiche Beispiele anschaulicher Mix aus Lehrbuch und Kommentar.
Fraglich ist, wie der Studienkommentar in der Ausbildung genutzt werden kann. Es bieten sich zwei verschiedene Herangehensweisen an:
Zum einem kann man das Werk von vorne bis hinten durcharbeiten. Schließlich sind die meisten Lehrbücher zum Strafrecht ohnehin nach den Tatbeständen mehr oder weniger chronologisch geordnet. Diese Vorgehensweise bietet sich insbesondere für diejenigen an, die bisher keine Lehrbücher zum Besonderen Teil durchgearbeitet haben, aber bereits über ein gewisses Grundverständnis verfügen.
Zum anderem kann der Studienkommentar wie ein ganz normaler Kommentar zur Bearbeitung und Lösung strafrechtlicher Probleme herangezogen werden. Letzteren Weg habe ich gewählt. Sei es für die konkrete Falllösung oder für das Nachschlagen abstrakter Fragen, die einem immer mal wieder in den Kopf kommen.
Für beide Herangehensweisen eignet sich der Kommentar sehr gut. Er ist kompakt und trotzdem detailreich. Er beschränkt sich auf das Wesentliche (und das ist schon viel im Strafrecht), gibt aber genügend Hinweise zur Vertiefung und verknüpft Tatbestände miteinander.
Für Hausarbeiten ist der Studienkommentar nicht detailliert genug. Dafür ist er aber auch nicht gedacht. Dennoch wird man sich mit ihm einen ersten guten Überblick über die zu bearbeitenden Problemen verschaffen können.
Für den Anfänger ist der Kommentar, jedenfalls als Hauptwerk, nicht geeignet. Der Anfänger wird zunächst mit "normalen" Lehrbüchern in der Regel besser fahren. Ein interessierter Blick in den Kommentar kann aber auch dem Erst- oder Zweitsemester bei der Bewältigung von Einzelfragen weiterhelfen.
Darüber hinaus wurde das Werk umfassend aktualisiert und mit neuer Rechtsprechung aufgefrischt. Ersteres ist auch dringend notwendig, da der Gesetzgeber zurzeit ein beeindruckendes Tempo vorlegt, was die strafrechtliche Gesetzgebung angeht.
Abschließendes Urteil
Der Studienkommentar bietet viel für vergleichsweise wenig Geld. Selbst aus dem Kreis meiner Kommilitonen kann ich nichts negatives über das Werk berichten. Zwar mag ein Problem nicht oder nicht so ausführlich wie möglich dargestellt sein. Dies sind aber Punkte, die den positiven Eindruck nicht trügen. Denn der Studienkommentar ist ja gerade auf Komprimierung ausgelegt.
Alles in allem erhält der Leser für unter 30 € einen wirklich guten Begleiter für sein Studium, dessen Wert sich insbesondere in der Examensvorbereitung auszahlt.
Rezensent: David van Koppen