Kaiser/Kaiser/Kaiser: Die Zivilgerichtsklausur (Bände I und II), 8. und 6. Auflage 2018, insgesamt 406 Seiten, insgesamt 42,80 Euro (Vahlen)
Die Zivilstation an einem Amts- oder Landgericht ist in allen Bundesländern der erste Abschnitt im juristischen Vorbereitungsdienst, weswegen sich früh die Frage nach der richtigen Literatur im Zivilprozessrecht stellt.
Die zu rezensierenden Skripte dienen in erster Linie zur Vorbereitung auf die Gerichtsklausuren im Zivilrecht. Das sind in Nordrhein-Westfalen in der Regel die Z1- und die Z3-Klausur. Die Skripten stammen vom Anbieter "Kaiser-Serminare". Dieser ist Marktführer im Bereich Skripten für das Referendariat.
Die Autoren sind langjährige Repetitoren.
Kritik
Vorweg:
Die Skripte verstehen sich nicht als Alternativen zu Lehrbüchern wie Anders/Gehle oder Knöringer. Sie treten vielmehr ergänzend hinzu. Die Inhalte aus diesen Lehrbüchern sollen komprimiert und klausurorientiert in den Skripten dargestellt und erläutert werden.
Nun zur Kritik:
Der erste Band orientiert sich an den grundlegenden Anforderungen, die an Referendare im zweiten Staatsexamen in der Zivilgerichtsklausur gestellt werden. Das Skript beginnt mit Erläuterungen, wie man in einer Klausursituation an die Akte herangehen und welche klausurtaktischen Erwägungen angestellt werden sollten. Sodann wird der Aufbau von Rubrum, Tenor, Tatbestand und den Entscheidungsgründen mitsamt Formulierungsvorschlägen anhand typischer zivilprozessualer Konstellationen dargestellt.
Der zweite Band dient der Wiederholung und Vertiefung. Er enthält im Wesentlichen Übersichtsschemata zu häufig vorkommenden Klausurproblemen, kurze Übungsfälle zum schnelleren Erkennen prozessualer Aspekte sowie zahlreiche Standardfälle zur Tenorierung inklusive den prozessualen Nebenentscheidungen. Der zweite Band schließt mit zusammenfassenden Darstellungen zu den wichtigen Klausurkonstellationen ab (Versäumnisurteil, Aufrechnung, Widerklage).
Ich würde dieses Konzept als gelungen bezeichnen:
Der erste Band bildet durch Aufbauhilfen und Formulierungsbeispiele einen guten Einstieg in die richterliche Klausurpraxis. Probleme, welche man beim Durcharbeiten nicht versteht, sollten im Kommentar oder in geeigneten Lehrbüchern nachgeschlagen werden. Wirklich tief geht die Darstellung nämlich nicht. Auch muss man sich bewusst sein, dass es abweichend von den Formulierungsvorschlägen im Skript regionale Besonderheiten gibt. Das betrifft vor allem die Verwendung von verschiedenen Urteilsüberschriften.
Der zweite Band ermöglicht eine rasche Wiederholung. Durch zahlreiche Schemata für den Aufbau des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe entsteht einen guter Überblick. Die Übungsfälle sind kurz und decken den zu erwartenden Standard ab. Damit erfüllen sie die ihnen zukommende Aufgabe zufriedenstellend. Zu beachten ist allerdings, dass der zweite Band sehr häufig auf Ausführungen im ersten Band verweist. Wegen diesen Verweisen lohnt sich eigentlich nur der gemeinsame Kauf beider Bände.
Unnötig und eher verwirrend sind jedoch manche "Fallgruppen"-Bezeichnungen. Spätestens wenn kumulativ von "ursprünglicher, uneigentlicher, eventueller" oder von "ursprünglich, unechter, eventueller" Klagehäufung gesprochen wird, steigt man als Leser aus. Solche gekünstelten "Fallgruppen"-Bezeichnungen bieten dem Leser meines Erachtens keinerlei Mehrwert. Sie verwirren und verkomplizieren die Sache nur.
Abschließendes Urteil
Das prüfungsrelevante Wissen im Zivilprozessrecht kann man sich allein anhand der beiden Skripte nicht erarbeiten. Dafür ist die Darstellung zu komprimiert und in Teilen lediglich stichpunkartig. Für eine vernünftige Vorbereitung muss meines Erachtens ein Lehrbuch durchgearbeitet werden.
Für die schnelle Wiederholung und unmittelbare Klausurvorbereitung sind beide Bände dennoch zu empfehlen.
David van Koppen