In Deutschland leben vier Millionen Menschen in Wohngemeinschaften. Trotz dessen hat die Rechtswissenschaft das soziale Konstrukt Wohngemeinschaft bisher nur rudimentär erfasst. Dabei birgt diese Art des Zusammenwohnens mehr als genug Konfliktpotenzial, sei es die nervtötende Freundin eines Mitbewohners, der mehr oder minder eingehaltene Putzplan oder auch der ganz klassische Streit mit dem Vermieter über Schimmel im Badezimmer. Das alles sind rechtliche Probleme im Innen- und Außenverhältnis einer Wohngemeinschaft, die es zu lösen gilt.
Das haben auch zahlreiche Vertreter aus Wissenschaft und Praxis erkannt. Herausgekommen ist ein umfassendes Rechtshandbuch zum Thema Wohngemeinschaft.
Kritik
Das Rechtshandbuch setzt sich mit den rechtlichen Problemen auseinander, die bei der Begründung, dem Bestehen und der Beendigung von Wohngemeinschaften auftreten können. Dabei unterscheiden die Autoren jeweils zwischen sechs möglichen Ausgestaltungen, die Wohngemeinschaften zivilrechtlich wählen können. Welche im Einzelfall von den Beteiligten tatsächlich ausgesucht wird, hängt größtenteils vom Zufall und weniger von einer durchdachten Entscheidung ab. Die durchaus vorhandenen Vor- und Nachteile werden den Beteiligten in aller Regel nicht bewusst sein.
Diese Sorglosigkeit schreit eigentlich nach einer umfangreichen Judikatur, treten doch vielfach Probleme auf, die den Betroffenen erst dann bewusst werden, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Aber falsch gedacht. Im Gegensatz zu anderen Bereichen des Zivilrechts, wo ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Anzahl von Personen fröhlich munter Verträge schließt ohne vorher einen Rechtsbeistand oder den gesunden Menschenverstand zu konsultieren, ist die Anzahl gerichtlicher Entscheidungen hinsichtlich Wohngemeinschaften überschaubar. Gibt man in die Datenbank Juris das Stichwort "Wohngemeinschaft" ein und beschränkt die Suche auf die ordentliche Gerichtsbarkeit, finden sich nur knapp 500 Entscheidungen. Diese sind dafür aber teilweise recht amüsant. In einem Fall geht es zum Beispiel um die frisch installierte Videokamera im WG-Flur, in einem anderen Fall ist die Mutter eines Mitbewohners - ohne groß nachzufragen - einfach in die Studenten-WG ihres Sohnes mit eingezogen. Beides ist unangenehm. Vielfach wird ein Auszug für die Betroffenen aber entspannter ablaufen als ein langwieriger Gerichtsprozess. Zudem wird der Streitwert häufig deutlich geringer sein als in vielen anderen Bereichen des Wirtschaftsrechts.
Deshalb kann es passieren, dass man beim Griff zu diesem Rechtshandbuch kurz stockt, inne hält und sich fragt, ob es tatsächlich eines solchen Rechtshandbuches bedurfte. Scheint doch die praktische Relevanz für Gerichte und Anwaltschaft gering. Nun, in diesem Punkt muss man den Autoren eine gewissen Einschätzungsspielraum zugestehen. Glaubt man den Prognosen, so werden in den nächsten Jahren noch mehr Menschen in Ballungsräume ziehen, ohne dass sich das Angebot von Wohnungen proportional erhöht. Mehr Menschen müssen sich folglich Wohnraum teilen, die Anzahl an Wohngemeinschaften wird steigen und folglich für mehr Konflikten sorgen. Zugleich spricht einiges dafür, dass sich auch die Streitwerte erhöhen werden. Denn Mieten steigen und manche Haftungsfallen (Beispiel: der gemeinsam von den Mitbewohnern genutzte Internetzugang) existieren erst seit einigen Jahren. Das vorliegende Werk muss also nicht nur wissenschaftliche Abhandlung bleiben, sondern kann hilfreicher Ratgeber im praktischen Gebrauch werden.
Dazu trägt insbesondere das Inhaltsverzeichnis des Rechtshandbuchs bei. Dieses ist übersichtlich und informativ. Man findet sich schnell zurecht. Sämtliche Einzelfragen, welche ich nachschlagen wollte, konnte ich zügig finden. Für die Praxis besonders relevant sind sicherlich die Ausführungen zur Untervermietung, Internet und Haftung, zum Mitbewohnerwechsel und zur nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft. Während sich letztere gerne in Gezanke und Gezeter auflöst, bieten die anderen drei Themen hohes Konfliktpotential gegenüber Außenstehenden.
Diese Sorglosigkeit schreit eigentlich nach einer umfangreichen Judikatur, treten doch vielfach Probleme auf, die den Betroffenen erst dann bewusst werden, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Aber falsch gedacht. Im Gegensatz zu anderen Bereichen des Zivilrechts, wo ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Anzahl von Personen fröhlich munter Verträge schließt ohne vorher einen Rechtsbeistand oder den gesunden Menschenverstand zu konsultieren, ist die Anzahl gerichtlicher Entscheidungen hinsichtlich Wohngemeinschaften überschaubar. Gibt man in die Datenbank Juris das Stichwort "Wohngemeinschaft" ein und beschränkt die Suche auf die ordentliche Gerichtsbarkeit, finden sich nur knapp 500 Entscheidungen. Diese sind dafür aber teilweise recht amüsant. In einem Fall geht es zum Beispiel um die frisch installierte Videokamera im WG-Flur, in einem anderen Fall ist die Mutter eines Mitbewohners - ohne groß nachzufragen - einfach in die Studenten-WG ihres Sohnes mit eingezogen. Beides ist unangenehm. Vielfach wird ein Auszug für die Betroffenen aber entspannter ablaufen als ein langwieriger Gerichtsprozess. Zudem wird der Streitwert häufig deutlich geringer sein als in vielen anderen Bereichen des Wirtschaftsrechts.
Deshalb kann es passieren, dass man beim Griff zu diesem Rechtshandbuch kurz stockt, inne hält und sich fragt, ob es tatsächlich eines solchen Rechtshandbuches bedurfte. Scheint doch die praktische Relevanz für Gerichte und Anwaltschaft gering. Nun, in diesem Punkt muss man den Autoren eine gewissen Einschätzungsspielraum zugestehen. Glaubt man den Prognosen, so werden in den nächsten Jahren noch mehr Menschen in Ballungsräume ziehen, ohne dass sich das Angebot von Wohnungen proportional erhöht. Mehr Menschen müssen sich folglich Wohnraum teilen, die Anzahl an Wohngemeinschaften wird steigen und folglich für mehr Konflikten sorgen. Zugleich spricht einiges dafür, dass sich auch die Streitwerte erhöhen werden. Denn Mieten steigen und manche Haftungsfallen (Beispiel: der gemeinsam von den Mitbewohnern genutzte Internetzugang) existieren erst seit einigen Jahren. Das vorliegende Werk muss also nicht nur wissenschaftliche Abhandlung bleiben, sondern kann hilfreicher Ratgeber im praktischen Gebrauch werden.
Dazu trägt insbesondere das Inhaltsverzeichnis des Rechtshandbuchs bei. Dieses ist übersichtlich und informativ. Man findet sich schnell zurecht. Sämtliche Einzelfragen, welche ich nachschlagen wollte, konnte ich zügig finden. Für die Praxis besonders relevant sind sicherlich die Ausführungen zur Untervermietung, Internet und Haftung, zum Mitbewohnerwechsel und zur nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft. Während sich letztere gerne in Gezanke und Gezeter auflöst, bieten die anderen drei Themen hohes Konfliktpotential gegenüber Außenstehenden.
Der gute Eindruck aus dem übersichtlichen und informativen Inhaltsverzeichnis bestätigt sich auch der vertieften Lektüre. Die Darstellung ist stringent, folgt einem durchdachten Aufbau und weiß in der Regel auch inhaltlich zu überzeugen. Manche Einzelfragen werden aber nicht überzeugend gelöst. So diskutieren die Autoren die Frage, ob im Rahmen einer gleichrangigen Wohngemeinschaft ein Mitbewohner entsprechend § 553 Abs. 1 BGB einen Anspruch gegen die übrigen Mitbewohner hat, Personen in dem von ihm bewohnten Teil der Wohngemeinschaft aufzunehmen. Die Frage wird am Ende offen gelassen. Sie ist aber einfach zu beantworten. Nein, einem Mitbewohner steht gegen seine Mitbewohner kein Anspruch entsprechend § 553 Abs. 1 BGB zu. Dafür fehlt es schon ein einer vergleichbaren Interessenlage. Fragen des Innenverhältnis sind regelmäßig anhand der §§ 705 ff. BGB zu lösen und nicht mit den Vorschriften des Mietrechts. Die Anwendung des § 553 Abs. 1 BGB entspricht auch sicherlich nicht der Vorstellung einer gängigen Wohngemeinschaft, denn dort ist es nicht normal, dass plötzlich der Freund oder die Freundin in die Wohnung einzieht und das einfach so akzeptiert wird oder akzeptiert werden soll.
Abschließendes Urteil
Das Rechtshandbuch beantwortet die Fragen rund um die rechtliche Ausgestaltung von Wohngemeinschaften in der Regel umfassend und überzeugend. Kleinere Schwächen sind vorhanden. Ob es tatsächlich ein Bedarf für die Praxis gibt, wird die Zukunft zeigen. Dem Autorenteam ist es zu wünschen.
David van Koppen
Das Rechtshandbuch beantwortet die Fragen rund um die rechtliche Ausgestaltung von Wohngemeinschaften in der Regel umfassend und überzeugend. Kleinere Schwächen sind vorhanden. Ob es tatsächlich ein Bedarf für die Praxis gibt, wird die Zukunft zeigen. Dem Autorenteam ist es zu wünschen.
David van Koppen