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Boeckh/Gietl/Längsfeld/Raab-Gaudin/Rappert: Klausurtraining – Die Assessor-Klausur im Zivilrecht, 2. Auflage 2018, 366 Seiten, 28 € (Nomos)

In der zweiten juristischen Staatsprüfung in Baden-Württemberg kommt den vier zivilrechtlichen von insgesamt acht Examensklausuren entscheidendes Gewicht zu. Daher gehört es zur Pflicht des Referendars, dieses Rechtsgebiet umfassend vorzubereiten. Dabei ist das vorliegende Werk eine hilfreiche Stütze, um verteilt über 13 Beispielsklausuren examensnahe Übungspraxis zu sammeln. 

Die Autoren sind allesamt erfahrene Praktiker und waren teilweise langjährige hauptamtliche Arbeitsgemeinschaftsleiter für Rechtsreferendare. Sie sind seit vielen Jahren Prüfer im Ersten und Zweiten Staatsexamen.

Kritik

Eines vorweg: es handelt sich durchweg um eher anspruchsvolle Sachverhalte, wobei der Teufel nicht selten im Detail liegt. Das Buch eignet sich daher besonders gut für Referendare im fortgeschrittenen Vorbereitungsstadium. 

Die Autoren konzentrieren sich thematisch in prozessualer Hinsicht überblicksartig auf die wichtigsten Themengebiete (erstinstanzliches Urteil inkl. Tatbestand, Schriftsätze des Anwalts zur Klage, Klageerwiderung und Berufung, anwaltliche Beratungstätigkeit als sog. Kautelarklausur). Die Lösungen der Fälle sind vollständig ausformuliert. Von deren Umfang sollte man sich nicht abschrecken lassen, da der Vergleichsmaßstab die "18 Punkte-Lösung" ist. Die meisten dürften im Examen auch mit weniger zufrieden sein. Die Darstellung der Lösung ist verständlich und nachvollziehbar. 

Besonders positiv ist zweierlei hervorzuheben. Einerseits findet das Familienrecht überdurchschnittliche Berücksichtigung. Dies ist erfreulich, da vernünftig aufbereitete und zugleich examenstaugliche Klausursachverhalte eher Mangelware sind. Zweitens ist erfreulich, dass ein weiteres Augenmerk auf der Berufung liegt. Die Berufung ist in neuerer Zeit vermehrt Klausurgegenstand in Baden-Württemberg gewesen, wird von Referendaren jedoch zu oft – wenn überhaupt – im Rahmen der Vorbereitung eher stiefmütterlich behandelt. Einen weiteren Fokus legen die Autoren auf die (kautelarjuristische) Anwaltsklausur, was ebenso dem Examenstrend vergangener Jahre Rechnung trägt. 

Hilfreich – wenngleich zu Beginn gewöhnungsbedürftig – sind die sowohl beim Sachverhalt als auch bei der Lösung in einer Marginalspalte angebrachten erläuternden Hinweise zur Klausurtechnik und Klausurtaktik. Dies lenkt beim ersten Lesen nicht selten ab. Gleichzeitig vermittelt es dem Leser jedoch das an-genehme Gefühl, der Autor spreche direkt zu einem und stünde mit helfender Hand wohlwollend an der Seite des Referendars. Auch lässt sich durch die Anmerkungen im Sachverhalt nachvollziehen, wie die Gedanken des Klausurstellers ihren Niederschlag in einem Klausursachverhalt finden können.

Abschließendes Urteil

Das vorliegende Werk ist für fortgeschrittene Referendare definitiv lesenswert. Die Klausursachverhalte sind allesamt eher anspruchsvoller Natur und daher besonders sehr gut zur regelmäßigen Wiederholung geeignet. Sollte einer dieser schwierigen Beispielssachverhalte in ähnlicher Form im Examen auftauchen, ist man nicht nur der einäugige König unter den Blinden, sondern hat eine echte Chance, mit voller Kraft voraus einer Note im Prädikatsbereich entgegenzusehen.

Sebastian Seidel

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