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Christoph Degenhart: Klausurenkurs im Staatsrecht I, 4. Auflage 2016, 333 Seiten, 18, 99 € (C.F. Müller)

Das Staatsrecht ist traditionell Thema der ersten Klausur im Staatsexamen im Baden-Württemberg. Gute Klausuren im Staatsrecht zeichnen sich vor allem durch Struktur, Übersichtlichkeit, Schwerpunktsetzung und innerer Stringenz aus. Diese Fähigkeiten will der vorliegende Klausurenkurs mithilfe von 21 ausgewählten Fällen vermitteln und trainieren.

Christoph Degenhart ist Professor an der Universität Leipzig und Richter am Sächsischen Verfassungshof.

Kritik

Der Klausurenkurs ist in zwei Kapitel unterteilt. Im ersten Kapitel erläutert der Autor die Arbeit mit dem Buch und stellt die häufigsten Verfahrensarten mit ihren Voraussetzungen vor. Das zweite Kapitel besteht aus 21 Fällen, die sich auf dem Niveau einer kleiner Übung bzw. der Zwischenprüfung befinden.

Die Fälle sind nach folgendem Muster aufgebaut:

Dem Sachverhalt an erster Stelle folgen zunächst ausformulierte Vorüberlegungen, danach eine kompakte Gliederung und sodann die Lösung. Das ist klug. Denn so wird eine Herangehensweise gewählt, die wohlüberlegt in die ausformulierte Lösung übergeht und Flüchtigkeitsfehler vermeidet. Die ausformulierte Lösung wird durch Hinweise zur Wiederholung und Vertiefung abgeschlossen. Diese Hinweise sind insbesondere für die Examensvorbereitung hilfreich, da so auf aktuelle Streitfragen und Probleme aufmerksam gemacht wird.

Alle Fälle sind auf einem ordentlichen Niveau, das zusammen mit der veranschlagten Bearbeitungszeit immer mit angegeben ist. Die Klausuren eignen sich nicht nur für die Vorbereitung auf die kleine Übung, sondern auch für die Vorbereitung auf das Staatsexamen. Denn Klausuren im Examen behandeln in der Regel auch Probleme, die ebenfalls Gegenstand von Anfängerübungen sein können. Insoweit wäre es verfehlt, lediglich von einem Fallbuch für Anfänger zu sprechen, wie es der Einband aber tut.

Degenhart legt einen durchdachten und didaktisch wertvollen Klausurenkurs mit aktuellen Streitfragen vor, welcher sich gut zur Übung staatsrechtlicher Fragestellungen eignet. Jedoch gibt es bei allem Lob auch Anlass zu kleiner Kritik:

Zum einem wählt der Autor manchmal umständliche Formulierungen. Beispielsweise schreibt er: "An ihrer Prozessfähigkeit zu zweifeln, besteht kein Anlass" (S. 236). Besser und kürzer wäre es zu schreiben "Die Antragstellerin ist prozessfähig". Zum anderem wäre für eine erfolgreiche Bearbeitung von Fall 11 mE eine kurze Erklärung der Funktionsweise von Internetprovidern im Sachverhalt notwendig, um überhaupt darauf zu kommen, dass Art. 10 GG einschlägig ist.

An dieser Stelle noch ein Vorschlag:

Viele Bearbeiter haben Schwierigkeiten im Rahmen der Verhältnismäßigkeit die Angemessenheit sauber zu prüfen.  Doch gerade deren saubere Prüfung unterscheidet gute von durchschnittlichen Bearbeitungen. Der Autor spricht die Prüfung der Angemessenheit kurz auf S. 26 an. Um der Wichtigkeit der Prüfung der Angemessenheit gerecht zu werden, sollte dessen Prüfungsaufbau aber ausführlicher besprochen oder zumindest auf einschlägige Aufsätze verwiesen werden. Exemplarisch sei hier der Aufsatz von Thomas Reuter in JURA 2009, 511, 515 ff. genannt.

Abschließendes Urteil

Der Klausurenkurs eignet sich gut zur Vorbereitung auf die kleine Übung, Zwischenprüfung und das Staatsexamen. Für 19 € erwirbt man ein Fallbuch, dass die erforderliche Struktur, Übersichtlichkeit und Stringenz einer guten Bearbeitung vermittelt. Alles in allem ein Werk, das zur Durcharbeit empfohlen werden darf.

David van Koppen




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