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Christian Jäger: Examens-Repetitorium Strafrecht Allgemeiner Teil, 8. Auflage, 407 Seiten, 23,99 € (C.F. Müller)

Die herausragende Bedeutung des Allgemeinen Teils des Strafrechts braucht nicht besonders begründet werden. Vom ersten Semester an begleiten den Jurastudenten die Probleme des Allgemeinen Teils, und sie erfreuen sich auch bei Prüfern im Staatsexamen weiterhin größter Beliebtheit. Kein Wunder, wird dem Verständnis des Strafrecht AT doch nachgesagt, besonders gut das Verständnis der Studierenden vom Strafrecht im Ganzen widerzuspiegeln.

Christian Jäger ist Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschafts- und Medizinstrafrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Kritik


Der Aufbau des Buches orientiert sich im Großen und Ganzen an den meisten anderen Werken zum Strafrecht AT. Nach einer kurzen Darstellung der Grundprinzipien werden die (objektive) Erfolgszurechnung, der Tätervorsatz, die Rechtswidrigkeit und die Schuld dargestellt. Daran schließen sich Ausführungen zur den Täterschaft- und Teilnahme, zu Versuch und Rücktritt und schließlich zu den Besonderheiten des Unterlassungsdelikts, des Fahrlässigkeitsdelikts und des erfolgsqualifizierten Delikts an. Abschließend wird auf die Konkurrenzlehre eingegangen.

Freilich kann man sich darüber streiten, ob beispielsweise das Unterlassungsdelikt vor Täterschaft und Teilnahme behandelt werden sollte oder umgekehrt. Im Ergebnis wichtig ist jedoch wohl nur, dass innerhalb des Aufbaus eine klare Linie durchgehalten wird. Dies gelingt Jäger. Der Aufbau erscheint an keiner Stelle brüchig, wo Verweise auf spätere Ausführungen nötig sind, erfolgen diese.

Das erklärte Ziel des Lehrbuchs ist die Hilfestellung bei der Examensvorbereitung. Dies merkt man dem Buch auch an. Es erfolgen keine weitschweifenden Ausführungen zu Grundlagen eines jeden Abschnitts. Vielmehr steigt Jäger bei jedem Thema direkt in die konkrete Vermittlung des examensrelevanten Wissens ein. Er bedient sich dabei einer klaren Sprache, und weiß sich kurz zu fassen – anders wäre es auch kaum möglich, das gesamte Wissen auf lediglich 400 Seiten zu vermitteln.

Die Kürze der Ausführungen gefällt an vielen Stellen. Teilweise sind die Ausführungen aber auch zu kurz, insbesondere dann, wenn dem Leser bloß noch stichwortartige Sätze vorgelegt werden. Ein weiterer erklärender Satz an diesen Stellen wäre für Verständnis und Lernerfolg nützlich. 

Die Kürze der theoretischen Ausführungen wird allerdings durch die zahlreichen eingestreuten Beispielsfälle ausgeglichen. Diese sind hoch examensrelevant und werden an den problematischen Stellen  klausurmäßig gelöst. Schön ist, dass die Fälle so ausgewählt sind, dass sie neben dem „Hauptproblems“ des Falls oft auch weiterere Probleme aus dem AT oder BT gestreift werden. So wird dem Leser vor Augen geführt, dass oft erst das Zusammenspiel mehrerer Probleme das richtige Ergebnis erklärt – eine Erkenntnis, die von Übungsarbeiten bis zum Examen von höchster Bedeutung ist.

Jäger setzt voraus, dass sich der Leser bereits mit der Materie befasst hat. Insofern stellt das Buch tatsächlich nur ein „Repetitorium“, also eine Wiederholung dar. Es kann auch ohne Bedenken auf Probleme des BT verweisen, da auch dessen Kenntnis vorausgesetzt wird. Damit gelingt die oft so schwerfallende „Verzahnung“ von Strafrecht AT und BT gut. Der ungeübte Leser, der die Grundlagen des Strafrechts noch nicht verinnerlicht hat, wird sich hier eher überfordert fühlen. 

Abschließendes Urteil

Das Buch von Jäger wird seinem Anspruch als Examensrepetitorium gerecht. Zum besten Ergebnis gelangt der Leser wahrscheinlich, wenn er sich das strafrechtliche Grundverständnis bereits zuvor durch andere – ggf. eher dogmatisch geprägte – Lehrbücher (z.B. Kühl: Strafrecht AT), aneignet und sodann mit dem Werk von Jäger fortfährt. Jäger schafft es insbesondere, die Zusammenhänge zwischen Problemen innerhalb des AT und zwischen AT und BT frei zu legen. Nur wer diese Zusammenhänge versteht, kommt auch in der Klausur zu recht.

Rezensent: Felix Sperrle

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